Ein Rundgang durch Dülmens einziges Gotteshaus, das rund um die Uhr geöffnet ist

Was an der Krankenhaus-Kapelle so besonders ist? Mehr, als der erste Blick verrät. So ist sie das einzige Kirchengebäude der Stadt, das rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, geöffnet ist. Gleichzeitig ist sie die einzige Kirche im Stil der 50er-Jahre. Und sie ist das einzige ellipsenförmige Gebäude Dülmens - auch wenn letzteres heute den meisten Blicken verborgen bleibt. Warum, dazu später mehr.

Zunächst die Anfänge: Im Jahr 1958 startete der Bau der Kapelle am Franz-Hospital. Der Grundstein, noch immer gut sichtbar gleich rechts vom Eingang, stammt aus den Ruinen der im Krieg zerstörten Kirche St. Viktor. Am 26. März 1960 weihte Probst Dümpelmann die Kapelle ein. Dass sie ein Kind ihrer Zeit ist, zeigt bereits die Ellipsen-Form. „Das ist die Form der 50er-Jahre“, berichtet Pfarrer Markus Trautmann, der Rektor der Kapelle. Die etwas verspielten Linien, das Mosaik, auch das sind klare Indizien für die Erbauerzeit.

Der Pfarrer hat einige alte Aufnahmen der Kapelle mitgebracht. Die zeigen: Zunächst befand sich der Altar mit dem Tabernakel darauf an der Wand, der Priester zelebrierte die Messen mit dem Rücken zur Gemeinde. Das änderte sich nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1965. Der Altar rückte freistehend nach vorne, der Tabernakel blieb in der Wand. Was auf den alten Fotos, egal ob vor oder nach dem Konzil, aber auffällt: Es fehlt das runde Fenster über dem Altar.

Das wurde erst nachträglich, zu Beginn der 90er-Jahre, herausgebrochen. Denn die Kapelle hatte aus Sicht der Clemens-Schwestern, die im Krankenhaus arbeiteten, einen großen Nachteil: Zwar war es im Kirchenschiff selbst durch die großen Fenster hell - im fensterlosen Halbrund des Altarraums hingegen eher schattig. Daher initiierte Dr. Heinrich Valentin, der damalige Krankenhaus-Seelsorger, einen erneuten Umbau - der der Kapelle ihr heutiges Gesicht geben sollte.

Valentin ließ das runde Fenster überm Altar einbauen, ebenso die Apsis (aus Trockenbau) mit ihrer indirekten Beleuchtung. „Das lockert den Altarraum auf“, beschreibt Trautmann die Wirkung. Auch wurde der Altarraum nach vorne gezogen, das Halbrund durch den Einbau von runden Stufen vollendet. „Man kann sagen, 30 Jahre nach dem Bau wurde die Rund-Idee zu Ende gedacht“, fasst es Trautmann zusammen. „Er hat wirklich etwas Großes geschaffen“, lobt der Pfarrer mit Blick auf den früheren Krankenhaus-Seelsorger Valentin, der die Ideen aus den 50er-Jahren so konsequent weiterdachte. So würde zum Beispiel niemand auf die Idee kommen, dass das runde Fenster nachträglich eingebaut wurde – so gut fügt es sich ein.

Apropos einfügen: Auch den Tabernakel ließ Valentin 1991 versetzen. Beim Umbau wurde in die Apsis ein Art Sakramentshäuschen (eine Tradition aus dem Mittelalter) aus Glas, in das eine stilisierte Kornähre eingearbeitet ist, eingelassen. Noch interessanter ist allerdings ein anderes Motiv. Nämlich das direkt auf dem Tabernakel: die Arche Noah, mit Taube und Olivenzweig. „Es zeigt den Bund Gottes mit den Menschen“, erläutert Markus Trautmann. „Und es ist als Motiv tatsächlich eher ungewöhnlich für ein Tabernakel.“

Warum es dennoch für die Krankenhaus-Kapelle gewählt wurde? Da helfen die Fenster weiter. Die sind erstens sehr bunt und zweitens sehr geschwungen. Anders gesagt: gewellt. „Das ist alles sehr dynamisch, wie eine Springflut“, fasst es Trautmann zusammen. Dazu die Wellen in den Mosaik-Wänden des Altarraums. Tatsächlich scheinen sie alle auf einen Punkt hin zu führen: Dorthin, wo vor dem Umbau 1991 der Tabernakel mit dem Archen-Motiv stand. „Seit dem Umbau ist dieses Bild aber durchbrochen“, sagt Trautmann. Die Wellen, das Boot: Das habe schon etwas maritimes, ergänzt der Pfarrer - vor allem, wenn man die Ellipsen-Form der Kapelle, die auch an einen Schiffsrumpf erinnern kann, dazu nimmt.

Er bedauert es etwas, dass den wenigsten Dülmenern heute diese einzigartige Form auffallen wird. Denn das Krankenhaus ist gewachsen - und zwar um die Kapelle herum. Die ist zwar immer noch freistehend. Wer sie von außen bewundern will, kann dies in einem Krankenhaus-Innenhof tun. Unweigerlich ins Auge stechen wird dann auch der Sakristei-Anbau. Der ist ebenfalls rund - weshalb die Möbel im Inneren auch alle Maßanfertigungen sind.

Übrigens: Die Kapelle wird von der Stiftung Franz-Hospital bewirtschaftet. Für die Betreuung sind die Seelsorger von St. Viktor zuständig. Jeden Mittwoch um 18.30 Uhr findet hier ein in der Regel mit 30 bis 40 Gläubigen gut besuchter Gottesdienst statt. Auch für Veranstaltungen wie Konzerte (wie erst kürzlich bei der Musik zum Advent) wird die Kapelle genutzt. „Das ist ein schöner Raum, wo man nie verloren ist, egal wie viele Besucher kommen“, sagt Trautmann mit Blick auf die Größe.

Er selbst schätzt die Krankenhaus-Kapelle und ihre besondere Atmosphäre sehr. „Ich gehe oft nach Feierabend hier her“, verrät der Pfarrer. Damit ist er nicht allein: Die Kapelle werde gut genutzt, berichtet Krankenhaus-Seelsorgerin Christel Seibert. Sei es von Patienten, Mitarbeitern oder Besuchern. Mit seiner Verspieltheit, Buntheit und Lebendigkeit ist der Raum durchaus ein Kontrast zum Alltag im Krankenhaus. Seit dem letzten Umbau am Dülmener Standort der Christophorus-Kliniken ist die Kapelle innerhalb des Hauses sogar noch besser angebunden - und seither auch rund um die Uhr geöffnet, als einzige Kirche Dülmens. Und das ist, wie gesagt, nur eine von vielen Besonderheiten dieser Kapelle.

Bericht der Dülmener Zeitung von Kristina Kerstan

DZ